Sonntag, 18. Januar 2015

Avifauna Germanica XIII: Sperlingsvögel I - Würger und Rabenvögel

Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)

Mit etwa 5700 Arten sind die Sperlingsvögel die bei weitem größte Vogelordnung und haben damit mehr Arten als die Säugetiere, was mal wieder deutlich zeigt, dass Dinosaurier immer noch die vorherrschenden Landwirbeltiere sind! Alle bei uns vorkommenden Sperlingsvögel zählen zur Unterordnung der Singvögel (Passeri). Dann legen wir mal los:

Familie: Würger (Laniidae)

Neuntöter (Lanius collurio)
Männlicher Neuntöter (Lanius collurio)
Die Würger sind eine Familie von Singvögeln, die große Insekten und kleine Wirbeltiere jagt und ihren namen wahrscheinlich vom Auswürgen unverdaulicher Überreste hat. Unser häufigster Würger, der Neuntöter ist nach seiner Vorratshaltung benannt, da er für schlechte Zeiten gefangene Beutetiere an Pflanzenstacheln oder auch Stacheldraht aufspießt. Die Männchen sind auffällig gefärbt, was der Art auch den Namen Rotrückenwürger eingebracht hat und beobachten häufig ihr Revier von einer hohen Warte. Die Weibchen sind unäuffälligere bräunliche Vögel. Neuntöter bevorzugen offenes Gelände mit Hecken und Dornbüschen, was bei uns seltener geworden ist. Das Foto stammt aus Waghäusel.

Familie: Rabenvögel (Corvidae)

Die Rabenvögel sind die "Intelligenzbestien" unter den Vögeln und einige Arten kommen in ihren Leistungen Menschenaffen nah oder übertreffen sie sogar.

Kolkrabe (Corvus corax)
Kolkrabe (Corvus corax)
Unser größter Rabenvogel überragt einen Bussard und hat vielleicht den beeindruckendsten Schnabel aller einheimischen Vögel. Ihre Intelligenz hat sich in vielen Sagen und Märchen niedergeschlagen. Unter anderem sind sie in der Lage das Wissen anderer einzuschätzen und zum Beispiel einen unwissenden Raben gezielt über das Versteck eines Leckerbissens zu täuschen, eine Leistung, die Menschenkinder erst mit etwa drei Jahren hinbekommen. Auf der anderen Seite hatte der Kolkrabe lange Zeit einen schlechten Ruf als Aasfresser, was sich in Bezeichnungen wie "Unglücksrabe" oder "Galgenvogel" niederschlägt. Nach langer Verfolgung war er Mitte des 20ten Jahrhunderts in Mitteleuropa weitgehend ausgerottet, heute gibt es wieder ein paar der stolzen Vögel. Gesehen habe ich einen im Tierpark Sababurg bei Kassel, wie er den Wölfen in ihrem Gehege das Futter geklaut hat, das Bild ist allerdings vom Tower in London.

Rabenkrähe (Spiekeroog)
Rabenkrähe (Corvus corone)
Die Aaskrähe ist wahrscheinlich unsere bekannteste Corvus-Art. Sie kommt in zwei Farbvarianten vor, der südwestlichen, schwarzen Rabenkrähe und der nordöstlichen, grau-schwarzen Nebelkrähe. Während manche Autoren diese als zwei Arten oder Unterarten einer Art ansehen, sind die beiden Formen genetisch so ähnlich, dass sie heute meist zur selben Art gezählt werden. Die Verbreitungsgrenze der beiden Formen verläuft mitten durch Deutschland und bleibt trotz gelegentlich auftretender Mischformen relativ stabil. Im Vergleich zum Kolkraben sind Aaskrähen deutlich kleiner und haben weniger massive Schnäbel, allerdings können aufgeplusterte große Männchen auf größere Entfernung schwieriger zu unterscheiden sein.
Nebelkrähe (Rhodos)

Mischform (Spiekeroog)
Krähen sind geschickte und einfallsreiche Vögel. Im Herbst kann man sie immer wieder dabei beobachten, wie sie Nüsse durch Fallenlassen auf eine Strasse knacken. In Heidelberg habe ich einmal eine beobachten können, die nach dem Fallenlassen der Nuss auf dem Gehsteig landete und brav nach links schaute, bevor sie auf die Strasse hüpfte. Das braucht bei Kindern einiges an Verkehrserziehung, um an den Punkt zu kommen!


Saatkrähe (Corvus frugilegus)
Saatkrähe (Corvus frugilegus)
Die Saatkrähe kommt bei uns vor allem im Winter in großen Schwärmen vor. Von der Rabenkrähe sind erwachsene Tiere zumindest auf kurze Entfernung leicht durch den nackten, weißlichen Schnabelgrund unterscheidbar. Der deutsche, wie auch der lateinische Name (frugilegus = fruchtsammelnd) weisen darauf hin, dass Saatkrähenschwärme frische Saat oder Keimlinge zum großen Ärger von Bauern absammeln können, ihr Speiseplan ist aber genauso vielfältig wie bei den anderen Corvus-Arten und umfasst auch Kleintiere und Aas. so dass mancher Schwarm auf dem Acker in erster Linie Regenwürmer und Schnecken sucht.


Dohle (Corvus monedula)
Dohle (Corvus monedula)
Unsere kleinste und ich finde hübscheste Corvus-Art ist die gesellige Dohle. Ähnlich wie die Nebelkrähe ist sie grau mit schwarzen Flügeln, hat aber nur eine schwarze Kappe auf dem Kopf und ist weniger stark konstrastiert. Von allen Corvus-Arten ist die Dohle diejenige, die am wenigsten stark verfolgt wurde, so dass sie häufig auch am wenigsten scheu und am besten genauer zu beobachten sind. Sie brüten häufig auch in besiedeltem Gebiet und sin in Heidelberg am besten im Neuenheimer Feld zu beobachten, wo sie häufig an den Türmen des Theoretikums und - wenn nicht zu viele Menschen unterwegs sind - am Platz vor der Mensa zu beobachten sind - wahrscheinlich der Grund, warum einer unserer Zoologiedozenten besonders empört war, wenn seine Studenten eine Dohle nicht erkennen konnten...

Eichelhäher (Garrulus glandarius)
Eichelhäher (Garrulus glandarius)
Obwohl er vielleicht unser auffälligster Rabenvogel ist, bekommt man die relativ scheuen Eichelhäher leichter zu hören, als zu sehen. Sie haben ein charakteristisches "dchää-dchää", imitieren aber auch gerne andere Vögel, darunter häufig die Rufe von Bussarden. Beliebt sind auch die blau-schillernden Federn aus dem Flügelspiegel, die man gelegentlich im Wald finden kann und die nicht ausbleichen, da ihr Blau nicht durch einen Farbstoff sondern durch die Struktur der Federn erzeugt wird. Im Winter kommen zu uns auch die weniger scheuen Tiere aus Nord- und Osteuropa zu uns, so dass Eichelhäher dann meist leichter zu beobachten sind und wenn dort die Winter hart sind, können sie in großen Zahlen in südlicheren Gegenden einfallen.

Elster (Pica pica)
Elster (Pica pica)
Ein weiterer Rabenvogel mit einem schlechteren Ruf, als verdient ist die Elster. Sie sind genauso neugierig wie andere Rabenvögel, was ihnen wohl den Ruf eingeracht hat, interessante Dinge gezielt zu stehlen und obwohl sie auch Eier fressen, hat der Bestand an Elstern nachweislich keinen großen Einfluss auf den Fortpflanzungserfolg anderer Vögel. Im Gegensatz zu Westeuropa gilt sie in Asien und bei manchen nordamerikanischen Stämmen sogar als Glücksbringer. Ihre Stimme ist vielleicht noch charakteristischer als die des Eichelhähers und ihr käckernder Alarmruf ist der Fluch jeder sich an irgendein Beutetier anschleichenden Katze, was anderen Vögeln dann wieder zu Gute kommen kann...

Soviel für heute, nächstes Mal schauen wir uns Meisen und Lerchen an.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen